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Freitag, 25. Juli 2014

Die Perspektive instinktiver Rohköstler...



Ich habe die letzten paar Tage damit verbracht auf Facebook mit einem instinktiven, omnivoren Rohköstler über Ernährung zu diskutieren und es raubte mir alle Nerven, weil der erstens überhaupt keine Ahnung von irgendwelcher Biochmémie hatte und zweitens überhaupt nicht einsichtig war, weil er mit seiner Ernährung bereits seit 15 Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht hat.

Ich weiß nichts über seine Blutwerte oder so, aber nur, weil man sich wohl fühlt ist das ja kein Zeichen dafür, dass nicht vielleicht doch die Triglyceride vom Fleischverzehr erhöht sind oder sich irgendwo bereits irgendeine entartete Zellmasse befinden. Das kann niemand von sich wissen, aber man kann die Wissenschaft bemühen die Wahrscheinlichkeit zu erruieren nach der sich der Gesundheitszustand zum Guten oder zum Schlechten entwickelt. In meinen Augen ist ungezügelter Fleischkonsum, auch wenn es sich dabei um rohes Fleisch handelt, keine gute Idee und nicht mal in den Augen der DGE ist das eine gute Idee. In den Augen eines instinktiven Rohköstlers ist das jedoch durchaus eine gute Idee, weil der Körper ihm ja genau sagt, dass er das essen soll und wenn man genau das isst, was der Körper einem sagt, dass man essen soll, hat man absoluten Hochgenuß. Und natürlich glaubt ein instinktiver Rohköstler, dass der Ernährungsinstinkt nur bei roher Nahrung funktioniert und das obwohl die Anthropologen sich einig sind, dass die Spezies Homo bereits seit mehr als 1 Mio. Jahren kocht.

Tatsächlich ist es so, dass man Experimente gemacht hat, in denen man menschlichen Probanden über mehrere Wochen eine Ernährung zukommen lassen hat, in welcher eine bestimmte Aminosäure fehlte. Nach beendetem Diätzeitraum hat man diese Menschen einem Buffet ausgesetzt in welchem es die diversesten Nahrungmittel zu essen gab und es stellte sich heraus, dass sie genau die Nahrung auswählten, welche genau die vorenthaltene Aminosäure enthielt.

So ein Instinkt ist natürlich nicht angeboren sondern tariert, beziehungsweise geeicht und geprägt. Man kann keinen Appetit auf etwas haben, was man noch nie zuvor gegessen hat, denn der Körper weiß ja nicht, was in dem Nahrungmittel drin ist, wenn man es noch nie gegessen hat.

Wenn, man sich bestimmte Nahrungmittel mit dem Verstand vorenthält, wie man es als Rohköstler oder Veganer macht, hält man auch seinem Instinkt gewisse Nahrungmittel vor. Das macht aber nicht, denn man kann seinen Instinkt ja auch umgewöhnen. Wenn man andere Nahrungmittel mit den selben Nährstoffen isst, gewöhnt sich der Körper um und verlangt dann auch nach anderen Nahrungmitteln. Das funktioniert natürlich auch nur, wenn man die Nährstoffe noch in anderer Nahrung findet. Wer vegan zu wenig Eisen konsumiert, wird zunächst mal Lust auf Fleisch haben bis er einen Eisenersatz gefunden hat.

Schlussendlich ging diese Diskussion mit dem instinktiven Rohköstler darum, dass man seiner Erfahrung nach bei instinktiver Rohkost nicht zunehmen könne, weil die Nahrung nicht denaturiert sei und man selbst von Fett so viel essen könne wie man wolle. Ich versuchte ihm zu erklären, dass es nichts damit zu tun dass die Nahrung nicht denaturiert sei, sondern dass sie nicht raffiniert sei. Der Unterschied war ihm irgendwie nicht klar, gerade weil er keinerlei wissenschafltiche Grundkenntnisse hat und sein Wissen aus Büchern von Ärzten hat, die Anfang des 20. Jahrhunderts lebten.

Damals gab es in Mitteleuropa eine ziemliche Rohkostbewegung, möchte man fast sagen. Das war die Zeit von Dr. Bircher-Benner, Dr. Buchinger, Arnold Ehret und auch einem Arzt namens Joseph Evers, der von diesem Rohköstler zittiert wurde. Alle diese Ärzte haben festgestellt, dass in rohem Essen irgendwas drin sein muss, was Krankheiten heilen kann, wie es mit Hausmannskost nicht möglich war. Also schoben sie es darauf, dass Essen, wenn es gekocht wird, denaturiert. Es ist völlig logisch, dass sie auf keine anderen Ideen gekommen sind, denn damals war ein Großteil der Vitamine noch nicht entdeckt. Von Antioxidantien und sekundären Pflanzenstoffen mal ganz zu schweigen, die heute noch nicht alle entdeckt sind. Diese Ärzte lebten vor Entdeckung der DNA, vor Entdeckung von Hormone und vor der Entdeckung aller möglichen Funktionien im menschlichen Körper. Wie sollten sie zu anderen Rückschlüssen kommen?

Eine typsiche Physikumsfrage in der Biochemie ist: "Wie werden Proteine denaturiert?" Da gibt es mehrere Möglichekeiten: mit Hitze, mit Säure, mit Wasser, mit Alkohol...und mit Sicherheit noch mehr Methoden wie z.B. Strahlung, die ich nicht mal kenne. Wer sein Essen nicht durch kochen denaturiert, der denaturiert es spätesten, wenn es von der Speiseröhre in den Magen über geht, denn der Magen enthält Salzsäure und einen pH-Wert von 2. Der Magen ist dazu da Proteine zu denaturieren damit sie später leichter in Aminosäuren zerlegt werden können. Un-denaturiert ist das rohe Fleisch nur zwischen Lippen und Mageneingang. Danach ist es wie gekocht. Und die vielgepriesenen Enzyme aus der Nahrung werden dort ebenfalls denaturiert. Und chemisch ist kein Untereschied zwischen der Denaturierung durch kochen oder durch Saltsäure, auch, wenn ein instinktiver Rohköstler sowas nicht glauben mag.

Es gibt gewisse Vitamine und Antioxidantien, die hitzeempfindlich sind, aber es gibt keine Studien darüber, dass eine ausschließliche 100%ige Rohkosternährung die optimale Nahrung sei. Natürlich nicht, erklärte mir der instinktive Rohköstler, es gäbe auf der ganzen Welt ja nur ca. 20 echte instinktive Rohköstler und er selbst würde sich nicht mal dazu zählen.

Mit omnivorer, instinktiver Rohkost nimmt man, meines Erachtens, zu wenig Glucose zu sich.
Man braucht nicht darüber zu diskuttieren, dass Glucose die liebste Energiequelle für alles Leben ist, auch für menschliche Zellen und ein omnivorere Instinktiver Rohköstler bekommt Glucose nur aus Obst, wo sie mir Fructos eim Schlepptau daher kommt. Man ist sich auch weitestgehend einig, dass das Wachstum des menschlichen Hirns in der Evolution dadurch bedingt wurde, dass der Mensch eine Möglichkeit gefunden hat durch Verzehr von Stärke seinen Glucosekonsum zu erhöhen. Nervenzellen fressen ausschließlich Glucose, es sei denn man befindet sich im ketogenen Zustand, dann produziert man auch Ketonkörper, die zu 70% vom Hirn verwendet werden können. Wenn sich ein instinktiver Rohköstler im ketogenen Zustand befindet, mag das funktionieren. Im allgemeinen wird das jedoch nicht lange durch gehalten, weil man irgendwann Appetit auf Kohlenhydrate bekommt, immerhin mag der Körper nicht gerne im Hungerstoffwechsel verweilen, wenn Glucose irgendwo verfügbar ist und dann wird über den Instinkt signalisiert: Ich hab Hunger auf Durian!

Der Rohköstler war jedenfalls taub für alle wissenschafltichen Argumente, die ich vorgelegt habe. Ihm war egal, dass Glucose der Lieblingstreibstoff für alle Zellen ist, dass es schwerer ist Glucose in Fett zu verwandeln, weil 10 Schritte Glykolyse, 3 Schritte Pyruvatdehydrogenase und noch mindestens 7 Schritte Fettsäuresynthese durchlaufen werden müssen, was für den Körper sehr Energieaufwendig ist, ihm waren auch die Studien egal, dass fettarme, vollwertige, pflanzliche Ernährung nachweislich Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen heilt. Er fand instinktive Rohköstler sehen jünger aus als vegane Rohköstler, interessierte sich aber nicht dafür, dass Nobelpreisträger wie Elizabeth Blackburn nachgewiesen haben, dass fettarme, pflanzlicher, vollwertige Ernährung, die Telomere an den Chromosomen, deren Abbau mit für das Altern verantwortlich ist, wieder verlängern kann.

Ich kann das irgendwie verstehen, denn wenn man 15 Jahre lang gute Erfahrung mit einer Ernährung gemacht hat und sich eine Theorie dahinter zurecht gelegt hat, fällt es einem schwer davon ab zu weichen. Wenn diese Ernährung aber so toll ist, muss das auch wissenschaftlich bewiesen werden können. Und da muss ich an instinktiven Rohköstlern einfach bemängeln, dass ihnen jegliches naturwissenschaftliche Hintergrundwissen fehlt. Sich auf Ärzte berufen, die in der Kaiserzeit Medizin studiert haben ist nicht vergleichbar mit Ärzten, die in einer Zeit studieren in der an das komplette menschliche Genom entschlüsselt hat.

Der Rohköstler sagt mir er würde Reis ja immer mal wieder riechen, wenn der irgendwo gekocht wird und sein Instinkt würde ihm sagen, dass sein Körper den nicht will. Ich sagte ihm ich würde meine Katze mitunter mit rohem Geflügel füttern und mein Instinkt würde mir sagen, dass ich das nicht will. Schlussendlich liegt es daran, dass ich rohe Pute noch nie gegessen habe und das auch nicht anstrebe.

Der Grund, warum ich Medizin studiere ist, damit ich wissenschaftliche Begründungen vorweisen kann, warum ich so esse, wie ich esse. Anderweitig macht man sich lächerlich. Kein Wissenschaftler nimmt einen für voll. Ihr glaubt doch nicht, dass Elisabeth Blackburn sich mit einem instinktiven Rohköstler hingesetzt hätte und zu schauen wie sich rohes Fleisch auf Telomere auswirkt! Ne, ein Arzt mit fundiertem Wissen wie Dr. Ornish kann sie von einer Zusammenarbeit überzeugen, weil Ornish über 25 Jahre Beweise gesammelt hat, dass die richtige Ernährung die Haupttodesursache der westlichen Welt rückgängig machen kann. Da liegt es nahe, dass sie sich vielelicht auch auf das Altern positiv auswirkt.

Menü des Tages am 24. Juli

Haferflocken, Datteln, Chia, Walnüsse, Banane, Wasser


1 Matcha mit Stevia

2 Scheiben Vollkornbrot mit Dattelsirup und Banane



Rest Abendessen vom Vortag
Hirse-Fenchel-Bohneneintopf


1 Banane

2 Scheiben Vollkornbrot mit Dattelsirup und Banane

Salat mir Senfsauce
Hirse-Fenchel-Bohneneintopf
5 Datteln

Ich werde faul beim essen und, ja, mein Instinkt rückt mehr in den Vordergrund. Ich kann ziemlich genau sagen: Ich hab Lust auf Reis oder auf Nudeln oder auf Kartoffeln oder auf was Süßes obwohl es alles Stärke ist. Klar, die Inhaltstoffe auf Makronährstoffebene sind andere. Und ich kann auch ganz klar entscheiden zwischen: Ich hab Lust auf was Rohes oder auf was Gekochtes. Das ist ne ziemich erstaunliche Erfahrung für mich, weil ich Stärke bisher immer rationiert habe. Eigentlich seit Jahren schon.

Fett ist mir überhaupt gar nicht wichtig. Ich kann nicht mehr sagen, was man daran finden kann, wofür es notwendig ist oder welche Befriedigung es bringen kann. Zugegeben in Kuchen und besonders Kekse oder Schokolade etc. ist es ein wichtiger Geschmacksfaktor (Belohnungssystem) aber für ganz normales Essen überhaupt nicht erforderlich. Es gibt einen Unterschied zwischen Genußessen und Ernährungsessen. Beim Genußessen wird dem Belohnungssystem mehr Bedeutung zugestanden als der Sättigung. Kann man mal machen, muss man vielleicht sogar mal machen, sollte aber die Grenzen kennen!:-)

Alles Liebe,

Silke



4 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. das Wichtigste fast vergessen: Chapeau vor Deiner Seite!!! und den vielen inspirierenden Rezepten.

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  3. Hallo Silke,

    ich habe mal eine Frage an dich: Ich lebe seit fast 8 Jahren low fat. Einige Zeit lang habe ich auch (frag nicht) Kalorien restriktiert. Als ich dann wieder nach meinem normalen Bedarf und evtl. ein WENIG darüber hinaus gegessen habe (in Form von Kohlenhydraten - also Stärke + Früchte), habe ich ordentlich zugenommen (ca. 5 kg mehr als zu meinen "schwersten" Zeiten = von ursprünglich 58 kg auf 63 kg; ausgehend von 38 kg bei einer Körpergröße von 1,69m) und das meiste davon war Fett. Wie kann das zusammenhängen, wo doch die Fettsynthese aus Glucose so uneffektiv ist? Kann sie durch Essstörungen effektiver werden? Was meinst du?

    LG

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  4. Hallo Anna,

    wenn man Kalorien reduziert senkt sich automatisch der Grundumsatz und der Körper gewöhnt sich an die wenigen Kalorien. Ab einer Kalorienzahl von etwa 1400 soll das passieren. Er passt sich daran an. Wenn man dann wieder mehr Kalorien isst, nimmt man auch von Kohlenhydraten zu. Ist ja nicht so, dass der Körper das nicht, kann, aber wenn er Fett zur Verfügung hat, macht er sich halt nicht die Mühe Wenn man in der Schwangerschaft Kalorien reduziert passt sich sogar der Fötus an und neigt dann, wenn er geboren wurde auch zu Übergewicht
    Auch von zu vielen Kalorien aus Kohlenyhdraten nimmt man zu, aber bei vollwertiger Kost neigt man eben nicht dazu zu viel zu essen. Wobei...ich weiß nicht wie viele Früchte du gegessen hast...Möglicherweise auch hier wieder der Faktor Fructose. Ist schwer aus der Ferne und mit Abstand von Jahren etwas dazu zu sagen. Aber ich lande wenn ich alles esse was ich will auch bei 63 kg, was einem BMI von 22 entspricht was offizielles Idealgewicht ist. Vielleicht ist das auch einfach das richtige Gewicht bei dieser Größe, auch wenn wir persönlich lieber ein Gewicht von 58 kg mit einem BMI von 20 hätten.

    LG Silke

    Geronymo, herzlichen Dank für deinen Zuspruch!:-)))...Und auch dir liebe Grüße!

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