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Sonntag, 22. April 2012

Erkenntnisse der Woche...

Mir geht’s fantastisch! Ich hab mir definitiv den richtigen Studiengang ausgesucht und obwohl es wahnsinnig viel zu tun gibt, macht es auch Spaß, was häufig im ersten Semster nicht so war. Und dann kommt diese Woche meine Tutorin, die im 10. Semster ist, tatsächlich noch auf die Idee zu sagen, dass es richtig toll erst im 3. Semster wird, wenn Anatomie kommt und es dran geht im Präp-Saal Menschen zu zerschnibbeln. So richtig kann ich mir das noch nicht vorstellen, denn eine gewisse Scheu habe ich immer noch, wenn es um den Präp-Saal und um Leichen geht, aber ich merke, es wird weniger.

Diese Woche war meine Aufgabe mir einen Kittel, einen Arztkittel, zu kaufen, weil wir – ja im Präp-Saal – eine Gehirndemonstration hatten. Man darf den Präp-Saal nur mit Kittel betreten und daher musste ich mir einen kaufen, obwohl ich dafür diesen Monat eigentlich noch kein Geld ausgeben wollte. Irgendwann muss ich es aber eh machen. Im Präpsaal wurde uns an echten Gehirnen gezeigt wie die aussehen, wenn man sie in Scheiben schneidet. Ob das wirklich notwendig war, weiß ich nicht, denn es gibt auch sehr gute Fotoatlanten darüber und ehrlich gesagt sind die schon nichts für zarte Gemüter.

Im Präp-Saal habe ich dann auch das Gerücht gehört, dass jeder Medizinstudent während seines Studiums wohl mindestens 1 Mal das Bewusstsein verliert. Die Kommilitonin, die mir das erzählte, geht davon aus, dass es bei ihr wohl nächstes Semster so weit sei. Aber eigentlich war die Gehirnaufschneidung nicht unbedingt das Spannendste.

Ich habe gelernt, dass es 3 unterschiedliche Arten von Knochenaufbau gibt. Den beim Fötus, den im Wachstum und den beim erwachsenen Menschen. Hauptsächlich interessant war für mich der beim Erwachsenen, aber was beim Baby spannend ist, oder überhaupt im Wachstum, ist dass der Knochen nur dann wächst, wenn auch die Organe wachsen und er wächst so lange bis der Mensch aus der Pubertät raus ist. Laut Prof. ist das bei Männern mit 25, bei Frauen mit 21. Sprich, ein Großteil meiner Kommilitonen ist noch in der Pubertät! Ihr Knochenwachstum noch nicht komplett abgeschlossen.;-) Bis dahin besteht ein Teil ihrer Gelenkknochen noch aus Knorpel. Wenn man dann aber ausgewachsen ist, erneuert sich der Knochen indem Osteoklasten einen alten Teil Knochen wegfressen und Osteoblasten einen neuen Teil Knochen bauen. Und das „neuen Knochen bauen“ dauert Monate!!!

Nach Brüchen oder Frakturen bastelt der Körper erst mal einen provisorischen Knochen, der vorerst hält und dann auf oben genanntem Wege über Monate in richtigen Knochen umgebaut wird. Der Knochen wird aber auch, da haben die alternativen Ernährungsbücher recht, als schnelle Mineralstoff- und Kalziumquelle herangezogen. Sinkt der Kalziumspiegel im Blut, stellen die Knochen Kalzium zu Verfügung und so kriegt man dann, wenn man dauerhaft nicht genug Kalzium isst, Osteoporose. Wobei ich auch diesmal nicht Milchkalzium meine. Magersüchtige kriegen z.B. Osteoporose, wie ich auch diese Woche erfahren habe, weil sie zu wenig Kalzium essen, aber dazu später nochmal.

Nun, es dauert Monate bis sich Knochen regeneriert hat. Falls sich Zähne und Zahnschmelz regenerieren können, und darauf wollte ich hinaus, muss man auch da Monate einplanen. Das geht nicht binne Wochen oder von jetzt auf gleich und schon gar nicht geht es ohne Kalzium und Mineralstoffe.

Aber auch für die Muskelbewegung ist Kalzium wichtig. Auch das wusste ich nicht und habe es erst diese Woche erfahren, weil wir auch das Muskelgewebe durchgenommen haben und jetzt denke ich, dass mein Kraftverlust bei Obstrohkost nicht nur mit zu wenig Eiweiß, sondern auch mit zu wenig Kalzium zusammengehangen hat. Bei Gourmetrohkost hatte ich das Problem nämlich nicht, was hauptsächlich daran lag, dass ich reichlich Mandeln gegessen habe, die eine ziemlich gute Kalziumquelle sind, aber dafür leider auch wieder sehr fettig. Brokkoli ist da viel besser, aber ich glaube auch Tofu und Sojamilch machen evtl. Sinn. Da bin ich mir aber noch nicht so ganz sicher…

Und ich habe erfahren, dass wohl auch in Medizinlehrbüchern, genauso wie bei Rohkostbüchern, der eine Autor vom anderen abschreibt. Der Prof. hat sich tierisch darüber aufgeregt, dass manch einer vom anderen Dinge abschriebe, die so nicht stimmen. Das kann ich nicht beurteilen, aber ich weiß was er meint. Die ganze Wahrheit wird man wohl nie in Erfahrung bringen können. Leider.

Ach so, und dann musste ich mir ein paar Gedanken zu Magersucht machen, die ich als Referatsthema habe, aber eigentlich muss ich gar kein Referat halten, sondern nur eine Magersüchtige spielen. Wir müssen dauernd Spielszenen vorbereiten in denen einer den Arzt und der andere den Patienten spielt und weil ich Schauspielerin bin wurde ich gefragt, ob ich spielen möchte und die Rolle des Kranken ist immer spannender.

Dummerweise verstehe ich Magersüchtige überhaupt nicht!

Ich habe mir ganz viele Videos angesehen und versucht rauszufinden wie die ticken, aber es erschließt sich mir nicht. Einerseits ist es Masochismus, was sie antreibt nichts zu essen, Selbsthass und der unbewusste Wunsch, sich selber quasi „zu verdauen“ andererseits üben sie damit auch Macht über andere Menschen aus, und kriegen einen Kick dadurch. Was ich aber nicht begreife ist, wie jemand, der erkannt hat, dass er krank ist und da raus will, es nicht schafft all diese Gefühle zu rationalisieren und warum man, wenn man doch zunehmen will, nicht einfach isst. Halt einfach bis zu dem Punkt, bis man das Gewicht erreicht hat, was man als optimal ansieht. Sehr viele Erkrankte sterben tatsächlich an Magersucht und es ist nicht NUR das Bild in den Medien nach denen man wie ein Topmodel aussehen muss um in eine Magersucht rein zu rutschen. Ich, als jemand der so einen Hochgenuss bei Essen empfinden kann, kann dass überhaupt nicht nachvollziehen.

Ich habe dann aber auch erfahren, dass es im Internet eine Anorexie-Szene gibt, die sich Pro-Ana nennt und sich gegenseitig motiviert immer noch dünner zu werden durch Fotos, die sie Posten, Regeln die sie aufstellen und Mantras die sie predigen bis hin zu Gebeten. Diese Szene mit ihrer ungeheuren Selbstdisziplin wirkt auf viele junge Mädchen, die beim googeln darauf stoßen wohl regelrecht betörend und faszinierend. Und da konnte ich mich dann tatsächlich wieder finden. So ging mir das auch immer, wenn ich irgendwo von einem Rohköstler lese, der eine weitaus radikalerer Ernährung wählt, als ich es jemals gemacht habe. 80/10/10 zum Beispiel oder auch Mono. Es ist so radikal, so weit weg von der Gesellschaft, so anders und wenn jemand dabei auch noch schwärmt und euphorisch wird und sagt so geil habe er sich noch nie gefühlt, er schlafe nur 4 Stunden, mache 8 Stunden Sport jeden Tag und sich dann auch noch eins fühlt mit dem Universum (das habe ich mir jetzt alles aus den Fingern gesogen, tatsächlich hat nie jemand das behauptet, aber ich hoffe das Prinzip wird klar) dann ist das faszinierend.

Und das passiert bei den Pro-Anas auch irgendwie. Es ist so krass, so radikal, so existenziell. Ich gestehe, dass mich das Marathonlaufen auch interessiert, weil es so radikal ist, so extrem. Auch 100% Rohkost wird immer in einem ähnlichen Kontext eingebettet und nicht umsonst gibt es so viele Rohkost-„Gurus“- Die Rohkostszene rutscht immer mal wieder in was Sektirisches ab. Da werden dann Ernährungsratschläge aus der Bibel gegeben und Fastenperioden immer weiter verlängert oder man versucht immer noch "reiner" zu werden. Das alles macht mich sehr, sehr stutzig.

Und dann stellte Stefan Hiene Ende der Woche einen Link bei Facebook ein aus Melanie Maria’s Newsletter, zu dessen Niederschrift er sie bewogen hatte. Melanie Maria hatte sich vor ein paar Monaten aus privaten Gründen aus der Rohkostszene zurückgezogen und ihre Termine abgesagt. Einen Grund dafür hat sich nicht genannt und jetzt schrieb sie darüber, dass sie sich einer schlimmen OP unterziehen musste und welche Erfahrung sie im Krankenhaus gemacht hat, und dass es kein ewiges Bekriegen zwischen Schulmedizin und alternativer Medizin geben dürfe, sondern alles Hand in Hand gehen muss. Aber lest selbst: Melanie Marias Newsletter

Und last but not least: Wir hatten diese Woche auch HIV (nächste Woche kommt Anämie, da bin ich besonders gespannt drauf) und es wurde auch da erwähnt, und ich habe es mir extra rausgeschrieben: Bei HIV ist eine gesunder Ernährung besonders wichtig.:-) Klar, ist ja auch das Immunsystem angegriffen und gesunde Ernährung ist immer gut für das Immunsystem!

Alles Liebe,

Silke

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3 Kommentare:

  1. Hallo Silke, sehr interessanter Post. Ich kenne ein paar Magersüchtige. Der Hauptpunkt, der mir immer genannt wird, ist Kontrolle. Meistens kommen diese Menschen (ich kenn nur Frauen) aus für sie schwierigen Verhältnissen. Mit ihrer Art, sich zu ernähren (oder es eben gerade nicht zu tun) haben sie wenigstens über einen Bereich ihres Lebens die absolute Kontrolle. Und es verschafft ihnen ein Hochgefühl, Macht über ihr Verhalten, ihren Körper und ihre (niederen) Gelüste zu haben. Ich kann das auch nicht verstehen, aber letztlich ist es doch wie bei allen Ängsten, Phobien, Problemen. Warum hat einer Angst vor Spinnen? Die tun doch nichts, kann er doch einfach lassen, diese Angst. Warum ritzt sich jemand? Tut doch weh, kann er doch einfach lassen! So einfach ist es für Anas leider eben auch nicht.

    Zum Thema HIV: Hast du den Film oder zumindest den Trailer gesehen? http://fruchtschnitte.wordpress.com/2012/03/23/i-wont-go-quietly/
    Ich habe ja tatsächlich gar keine medizinischen Kenntnisse, bin aber sehr vorsichtig, was Schulmedizin angeht, einfach weil ich glaube, dass Medikamente nicht nur nichts nützen, sondern schädlich sind, und dass jede Erkrankung auf den Lebenswandel zurück zu führen ist.
    Ich möchte übrigens nicht 811 machen, weil es so extrem ist, so anders, so besonders. Ich liebe zwar die Extreme sehr, aber das lebe ich dann an anderer Stelle aus ;-)
    Ich glaube immer noch tatsächlich daran, dass 811 die gesündeste, beste und tollste Ernährung ist. Auch wenn ich immer und immer wieder an einen Punkt komme, wo ich sehr "unvernünftige" Dinge esse - kürzlich sogar Fleisch, oh mein Gott! - so drücke ich immer wieder den Resetknopf, um meinem Ideal nahe zu kommen.
    Viele Grüße von Fruchtschnitte

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  2. Hallo, ich hatte viele Jahre eine Magersüchtige als Mitarbeiterin. Wir haben uns auch etwas angefreundet und auch heute noch Kontakt. Sie lebt jetzt in den USA und hat mittlerweile 2 Kinder. Bei ihr war es auch die Kontrolle. Es war das einzige was sie kontrollieren konnte. Sie war auch mehrmals weger ihrer Sucht in einer Klinik und sie hat durch ihre Sucht fast alle ihre eigenen Zähne verloren und mit 30 schon die Knochen einer 80 jährigen gehabt. Da sie einen reichen Mann geheiratet hat, hat sie auch heute noch einen Ernährungscoach an ihrer Seite, weil sie selbst sagt, sie wüsste nicht, ob sie sonst so stabil bleiben würde. Liebe Grüße

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  3. Huhu Silke!
    Ein gutes Buch um Essgestörte zu verstehn ist "Die Frau die im Mondlicht aß".
    Liebe Grüße,
    das Silberfischchen

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