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Samstag, 5. September 2015

40 Mal kauen führt zu 11,9% Kalorienreduktion



Leute, es ist amtlich: Ich werde Endokrinologe. Der Job ist so geil! - Das ist ALL das, was ich jemals geträumt habe zu machen.

Ich hab bis vor wenigen Wochen überhaupt nicht gewusst, wie man überhaupt Ernährungsmediziner wird. Ich habe mich nie damit auseinander gesetzt, weil das alles noch so weit weg ist und weil ich die meiste Zeit meines Studium nicht wusste, ob ich das Physikum überhaupt bestehe. Erst vor 5 Wochen habe ich das recherchiert und das geht so: Man macht einen Facharzt in Innere oder Allgemeinmedizin und dann eine zusätzliche Ausbildung für Ernährungsmedizin. Diese Woche habe ich erfahren, dass diese Zusatzausbildung nur 100 Stunden beinhaltet. Binnen einer Woche zu erledigen. So einfach.
Also mache ich Innere, Fachbereich Endokrinologie + 100 Stunden Ernährungsmedizin. - Nicht, dass das auch nur ansatzweise ausreicht um zu wissen, wie so ein Essüchtiger tickt! - Damit jemandem zu sagen wie er essen soll, reicht nämlich nicht...Aber dazu die Tage mal ein Beitrag...

Nachdem ich Donnerstag unter Aufsicht einer Assistenzärztin das Erstgespräch mit einer Frau führte, die sich wegen zu hohem Cholesterinspiegel vorstellte, ließ mich eine Fachärztin gestern mit einem Patienten völlig allein, der mit zu hohen Triglyceriden kam. Sie musste mal schnell einen Ultraschall der Schilddrüse eines anderen Patienten machen und ich sollte schon mal anfangen, den Patienten auf zu nehmen.

Und das lief super, weil ich natürlich genau weiß, was man bei hohen Triglyceriden machen soll. Habe mit ihm über sein Essverhalten gesprochen, ihn körperlich untersucht etc. und meine Empfehlungen waren sogar die gleichen wie die, die die Ärztin ihm später aussprach. Außer, dass sie ihm verboten hat die nächsten 6 Wochen Alkohol zu trinken, was ich nicht getan hätte.;-) Ich hab mich aufs Essen gestürzt und auf Butter, Wurst und Käse sowie Zucker....Es war soooo cool!:-)

Naja, aber darüber sollte ich heute ja gar nicht schreiben, sondern über das 40 Mal kauen, welches automatisch die Kalorienzufuhr um 10% reduziert. Auch das ist soooooo cool! - Ich war kurz davor es einem adipösen Patienten gestern zu erzählen, aber ich wollte die Autorität der Ärztin auch nicht untergraben....

Also folgendes:

In China hat man 2011 30 männliche Probanden auf ihr Essverhalten untersucht. 16 waren schlank, 14 übergewichtig. Die Studie war in zwei Abschnitte eingeteilt. Im ersten wurde das Essverhalten der schlanken mit dem der übergewichtigen verglichen und dabei zeigte sich, dass die übergewichtigen zwar genau so große Bissen von ihrem Essen einnahmen wie die schlanken, aber weniger kauten und somit mehr Essen in einer Mahlzeit zu sich nahmen.

Im zweiten Teil der Studie untersuchte man, was sich veränderte wenn man die Männer entweder 15 Mal kauen ließ im Vergleich zu 40 Mal kauen. Dabei zeigte sich, dass mit 40 Mal kauen im Schnitt 11,9% (!!!) weniger Kalorien aufgenommen wurden.

Die Ausschüttung des Hungerhormons Ghrelin, war bei 40 Mal kauen geringer. (Laut Wikipedia spielen hohe Ghrelinspiegel auch eine Rolle bei der Entstehung von Alkoholabhängigkeit!). Außerdem kam es bei 40 Mal kauen zu einer höheren Ausschüttung des Glucagon-like-Peptide, welches das Sättigungsgefühl stimuliert sowie die Entleerung des Mageninhalts in den Dünndarm verzögert. Und es zeigte sich, dass auch der Spiegel von Cholezystokinin bei 40 Mal kauen höher war, welches zu Sättigung beiträgt indem es im Nucleus tractus solitarii im Hirnstamm wirkt.

Und das sind alles krasse Sachen, weil hier so viele Faktoren gleichzeitig beeinflusst werden, weil genau das das Problem bei der Erfindung einer Pille gegen Übergewicht ist und dabei diese auf den Markt zu bringen und sich eine goldene Nase zu verdienen: Häufig kann man nur einen Mechanismus über eine Pille regulieren.

40 Mal kauen beeinflusst mindestens 3!

Mir ist, nachdem ich von dem 40 Mal Kauen erzählt habe noch eine andere Studie zugespielt wurden. Hier wurde erklärt, dass bei 40 Mal kauen von 55 g Mandeln es zu keiner Gewichtszunahme kam. Nur verstehe ich nicht wieso, weil es ebenfalls heißt, dass bei weniger Kauen mehr Fett im Stuhl war. Das ist irgendwie alles komisch, aber auch hier wurde Glucagon-like-Peptide gemessen und auch hier war es nach 40 Mal kauen höher.

Also, was würde passieren, wenn ich all den Übergewichtigen, die sich in der Endokrinogie vorstellen einfach sagen würde, sie sollen ihr Kauen zählen?! Das plus ein bisschen Hinweise darauf, dass Zuckerentwöhnung nur 4 Tage dauert, dass Geschmacksknospen nur 12 Tage alt werden und dass alles gar nicht so schlimm ist, wie man sich das vorstellt mit der Ernährungsumstellung. Und ein kleiner Leitfaden zur Handhabung des Belohnungssystems!

Unter dem Kauaspekt wird natürlich auch wieder mal klar, warum man sein Essen nicht trinken sollte. Nicht als Limo, aber auch nicht als Smoothie!

Menü des Tages am 4. September 2015

Nachdem ich verschlafen habe und das Joggen ausfallen lassen musst, reichte meine Frühstückszeit nicht aus um alles Gemüse zu essen. So gab es nur den Brokkoli und Frischkornbrei aus Buchweizen, Banane, Zimt, Traubenkernmehl, Sunwarrior und Mango


Um 8 Uhr war ich in der Klinik und musste direkt im Anschluss zum ASB als Simulationspatient.
Mittagessen war Süßkartoffel-Linsen-Chili von gestern.


Danach 1 Banane, eine Nektarine und ein paar Trauben, die der ASB für die Schauspieler als Catering anbot. Den Keksen habe ich ohne Probleme widerstanden und glaube ich kann es in mein Leben integrieren nur am Sonntag was Süßes zu essen und unter der Woche abstinent zu bleiben. Es ist keine große Herausforderung gewesen.
Abends wieder Rest vom Chili, danach meine 2 Tomaten vom Frühstück und eine Banane. Ich bin satt, habe fast alles 40 Mal gekaut und gewöhne mich daran.

Ich war den ganzen Tag unterwegs, hab keine Fotos gemacht und zeige euch daher das Foto von vorgestern mit meinem vorgekochten Süßkartoffelchili.

Und jetzt bedaure ich schon fast, dass ich nur noch 3 Wochen in der Endokrinologie vor mir habe. Aber ich habe raus finden können, wer für die "Esssuchtforschung" zuständig ist. Jetzt muss ich den nur noch finden, kennen lernen und anbetteln mein Doktorvater zu sein, falls er überhaupt gerade was in dem Bereich macht...Dafür brauche ich Daumendrücken!

Alles Liebe,

Silke

10 Kommentare:

  1. Die Daumen sind gedrückt, klingt ja toll!!!

    Ich hab eine Frage zu einem anderen Thema, vllcht magst du da mal einen Artikel drüber machen oder Video? Thema Calcium. Wie viel ist nötig (mehr bei hohem sportpensum?) und wieviel nimmst du täglich ca zu dir? Ich esse High carb und vollwertig, komme jedoch selten über 700-800 mg....Danke!

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    1. Danke!

      Ich halte mich an die WHO-Empfehlung von mind. 450 g täglich und komme auf ähnliche Werte wie du.

      LG Silke

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    2. Hallo Diana,

      auch ich liege mit der Ernährung die Silke macht bei ca. 500mg pro Tag. Dieses ist nach WHO völlig ausreichend (Referenzwert in Asien bei keinem Milch und wenig Fleischkonsum -> aus dem Buch "Dr. Jacos Weg" -> da wird dann weniger Kalzium benötig als die ca. 1000mg der DGE oder FDA).

      Mit 700-800mg sollten dann eigentlich die Reserven für ein bestimmtes Sportpensum da sein. Wenn es aber sehr hoch ist, dann könntest Du mit Kalziumcitrat und Magnesiumcitrat supplementieren - mir ist da aktuell keine Kontraindikation bekannt (google mal "tri eu mag").

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Liebe Silke, wolltest du deine Doktorarbeit nicht über ein Thema mit jungen Flüchtlingen schreiben? Also ist Psychosomatik nun doch nicht mehr dein Favorit ? Ich kann dir zumindest sagen aus den Stellenanzeigen, die ich ganz gut kenne. Als Psychiater kann man momentan überall anfangen ;) In der Inneren kommt es immer auf die Spezialisierung an. Es sei denn dir ist der Ort (Deutschland in der östlichen Provinz - außerhalb der Städte gibt es dort nahezu in allen Bereichen einen Mangel zB.) wirklich total egal. Liebe Grüße und viel Erfolg :)

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    1. Dieser Blogeintrag ist 2 Jahre alt und wurde mit von Facebook als Erinnerung vorgelegt. Ich habe ihn erneut geteilt, weil er gut ist!:-) - Ich bin bei Psychiatrie angekommen, was die Entscheidung für eine Fachrichtung angeht.

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  4. Haha. Das kommt davon wenn man nur aufs Facebook Datum achtet. Dabei kam mir das mit dem Kauen schon irgendwie bekannt vor. Wenn du inzwischen bei Psychiatrie angekommen bist ist dass nicht auch stark mit Pharma-Präparaten verbunden? (je nach Erkrankung?) Also muss man dann nicht auch (leider) manchmal auf starke Medikamente zurückgreifen?
    Mir ist schon klar, dass dir der Ernährungsbereich am Herzen liegt vor allem weil es ja dort auch ohne Medikamente geht. (abnehmen und andere Dinge rückgängig zu machen in dem die Leute "einfach" nur ihr Verhalten anpassen)

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    1. Nicht mehr als in anderen Bereichen auch. Zwingend Medikamente geben muss man eigentlich nur bei OPs. - Für Akutsituationen sind Medis auch immer eine gute Sachen, auf die Dauer meistens nicht. Weder in der somatischen noch in der psychischen Medizin.

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    2. Zugegebenerweise habe ich mich damit nicht viel beschäftigt.
      (Bin ja sowieso nur Laie) Leider habe ich aber im näheren Umfeld mitbekommen was passiert wenn Leute an starken psychotischen Störungen leiden. Dauerhaft wegsperren wäre ja auch keine schöne Lösung. Gestörtes Essverhalten ist eben doch noch was anderes als wenn jemand dir zum Beispiel von Dingen erzählt die er sieht die nicht da sind. Was mich am meisten ärgert an den meisten "Patienten" ist der eigene Unwille.

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