Was als schlichtes Rohkosttagebuch anfing hat sich zu einer Dokumentation über die wahrhaft gesündeste Ernährung für die Spezies Mensch entwickelt. Mein Medizinstudium ermöglicht mir seit 2011 die Zusammenhänge von Nahrung und Gesundheit wissenschaftlich zu erkennen sowie Studien objektiv zu beurteilen. Klar ist: Die optimale Ernährung für die Spezies Mensch ist vollwertig und weitestgehend pflanzlich. Anekdotisch und wissenschaftlich zugleich! - Viel Spaß beim Lesen!:-)
Newsletter
Montag, 18. April 2016
Müssen Ärzte suggerieren, dass sie perfekt sind und absolut alles können?
Ich war Samstag morgens auf dem Weg zu DM ein paar unentbehrliche Dinge wie Katzenfutter und Küchenrolle kaufen. Als ich den Laden betrat befand sich direkt im Eingangsbereich meine StudiPat- Patientin, das heißt, die Patientin, über die ich für die Uni alle halbe Jahr einen Bericht schreiben muss. Sie wohnt bei mir um die Ecke, hat die selbe Hausärztin und so kann es schon mal passieren, dass man sich über den Weg läuft. Samstag war so ein Fall, nur war das ein Notfall. Die Patientin befand sich in einem Ausnahmezustand und ich hab bis heute keine Ahnung, wie ich das einzuschätzen habe. Sie konnte sich kaum artikulieren, hyperventilierte und saß auf ihrem Rollator, währen sich ein Mann und eine Frau um sie kümmerten.
Ich wollte mich nicht gleich einmischen und die Situation stören, sondern stellte mich etwas abseits und beobachtete was passierte. Der Mann war dabei das Blutzuckermessgerät der Patientin zu benutzen aber kriegte es beim besten Willen nicht hin. Er hatte keine Ahnung wie es funktionierte und wierum er das Messstäbchen einführen musste und ich konnte seine Probleme nur zu gut verstehen, denn in den ersten Tagen im True North ging es mir genau so.
Also bin ich näher an das Geschehen heran getreten, habe gesagt ich sei Medizinstudentin und ob ich vielleicht helfen könnte. Darauf der Mann: "Was sind sie? Medizinstudentin? Ich bin Arzt" - Ich: "Ich habe gerade eine Famulatur beendet, wo ich dauernd Blutzucker messen musst" - Der Mann: "Na, wenn Sie meinen, dass Sie es besser können hier..." Und reichte mir das Blutzuckermessgerät. Stellte sich raus, dass das Ding genau so funktionierte wie das im True North und so dauerte es nicht mal eine Sekunde bis ich es zusammen gesetzt hatte und der Blutzuckerspiegel gemessen war. Währenddessen sah ich noch aus dem Augenwinkel, dass man bereits zwei der Traubenzucker, die es bei DM zum mitnehmen gibt geöffnet hatte und wahrscheinlich der Patientin, in der Annahme ihr Zustand sei ein Unterzucker, gegeben hatte. Es lagen zwei leere Plastikverpackungen neben den restlichen verpackten Traubenzuckern.
Der Blutzuckerspiegel war aber 123 und damit kein Unterzucker. Ich verkündete also der Blutzuckerspiegel sei 123 in der Annahme, dass jedem klar ist, dass das kein Unterzucker ist und der Arzt fragte: "Und? Ist das zu niedrig?" Ich: "Nein, das ist zu hoch" - Ich war mir in dem Moment nicht sicher ob er mich was lehren wollte, oder ob es es tatsächlich wusste. Daraufhin verschwand der Arzt kurz und kam wieder, um mir zu erzählen, dass der Blutzuckerspiegel nicht zu hoch sei, sondern, dass er ab 125 erst zu hoch ist. (Rückblickend frage ich mich, ob er das in seinem Handy nachgeschlagen hat) 123 ist auf jeden Fall prädiabetisch und in meinen Augen zu hoch.
Mit den Mitteln die ihr blieben machte die Patientin klar sie wolle, dass man mit ihrem Handy ihre Schwester anriefe, was ich getan habe. Die Schwester sagte, die Bahn käme in 4 Minuten und sie sei gleich da. Die Frau, die sich mit dem Arzt um die Patientin gekümmert hatte erzählte mir unterdessen sie sei Krankenschwester. Der Krankenwagen sei auch bereits unterwegs und wir beide blieben dann bei der Patientin und hielten ihre Hand und animierten sie durchzuatmen. Der Arzt verschwand dann irgendwann von der Bildfläche und ich weiß nicht genau was mit ihm passiert ist.
Kurz darauf kam der Krankenwagen vom ASB, die Mitarbeiter maßen erneut den Blutzucker, der dann bei 150 war, brachten die Patientin zum Krankenwagen und unterdessen erklärte ich ihre Krankengeschichte, dass sie Diabetes, erhöhten Cholesterinspiegel und Bluthochdruck habe, Antidepressiva nehme, in psychiatrischer Behandlung sei und einen 2003 diagnostizierten Parkinson habe, von dem man derzeit aber davon ausginge, dass die "Parkinson-Symptome" auf psychosomatische Ursachen zurück zu führen seien. - Die Frau ist tatsächlich ein sehr trauriger Fall. Sie ist Ende 50, mit Ende 20 hat man angefangen ihr ein Organ nach dem anderen zu entfernen, welches nicht lebensnotwendig ist. Die Schilddrüse, den Dickdarm, die Gebärmutter und Eierstöcke und sowohl ich als auch ihre Hausärztin gehen davon aus, dass auch die Leiden, die mit diesen Entfernungen der Organe verbunden waren, wohl nur psychosomatisch waren und als dann die Psyche kein Organ mehr fand, welche sie befallen konnte, nahm sie sich das Nervensystem, welches man natürlich nicht entfernen kann, und treibt nun dort sein Unwesen. Die Patientin kann das jetzt natürlich nicht glauben, denn dann müssten sich ja etliche Ärzte 2003 geirrt haben! - Darüber hinaus hat sie nur noch die üblichen Zivilisationerkrankungen nämlich Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck. Der Alltag der Patientin besteht quasi nur darin Ärzte aufzusuchen und Medikamente zu nehmen und sie ist dabei äußerst complient, tut also wirklich alles, was man ihr sagt. Und dennoch kann sie keiner mehr gesund machen.
Nachdem die Patientin sich im Rettungswagen befand und ich mit einer der Sanitäterinnen darüber sprach was sich zugetragen hatte, wer die betreuende Ärztin ist, dass ich, wenn sie noch was brauchen mehr Informationen zuhause hätte etc. kam die Krankenschwester dazu und sagte: "War der Typ da eben Arzt?" - Ich: "Das hat er zumindest gesagt..." Sie: "Was war das denn für eine Flasche!?" Und wir erklärten der Rettungssanitäterin dann, dass es ihm nicht gelungen sei, das Blutzuckermessgerät zu betätigen etc.. Darauf sagte sie, dass das schon mal sein könne, je nachdem was für ein Facharzt man ist. Und da hat sie natürlich Recht. Die Frage ist: Sollte man sich dann so aufspielen, wenn man von einem Sachverhalt keine Ahnung hat? Nur weil man Arzt ist?! Oder kann man auch als Arzt sagen: "Ich bin mit diesem Messgerät nicht vertraut. Haben Sie, als Krankenschwester, vielleicht mehr Routine damit?" Oder darf man nach einem Diabetiker suchen, der sich mit den Geräten vielleicht auch besser auskennt?
Ich habe am Wochenende einen Vortrag von Dr. Lisle gehört, den McDougall veröffentlich hat. Er hieß: "Dare to be lousy" - Er handelte davon, dass man es wagen sollte in Dingen auch mal nicht gut, also lausig zu sein, denn nur dann hätte man eine Chance sich auch zu verbessern. Und so schlecht wie man jetzt ist, wird man ja nie wieder sein.
Ich hatte im True North auch echte Schuldgefühle, dass ich dieses dämliche Blutzuckermessgerät nicht routinemäßig betätigten konnte, denn die Messgeräte im Krankenhaus waren völlig anderes als das im True North oder das der Patientin. Ich hab mich auch schwer unzulänglich gefühlt.
Was ist wohl in dem Arzt vorgegangen? In dem Moment wo jemand sagt er ist Arzt kuschen andere. Vielleicht traute sich die Krankenschwester auch nicht anzubieten selber den Blutzucker zu messen. Hätte er darauf bestanden es weiter zu versuchen, hätte ich mich auch nicht aufgedrängt...Er ist ja Arzt und ich nicht.
Ich musste wieder an das Gespräch denken, was ich mit meiner Zimmergenossin im True North hatte, über mein ständiges Nicht-gut-genug-seins-Gefühl, dass ich Dr. Lisle gegenüber erwähnt hatte, in welchem sie sagte, dass besonders in der Medizin die Wettbewerbsmentalität so enorm sei und keiner sich traut zuzugestehen, wenn er was nicht weiß oder kann. Dabei ist gerade Medizin so unglaublich umfangreich, dass man einfach nicht alles wissen kann! Deshalb gibt es Fachärzte! Meine Zimmergenossin war der Auffassung, dass wir Patienten wesentlich besser würden dienen können, wenn wir diese Wettbewerbsmentalität aufgeben und unsere Schwächen auch mal eingestehen.
In Arzt-Patienten-Kommunikation bei den Psychosomatikern haben wir gelernt, dass man, wenn man eine Antwort auf die Frage eines Patienten nicht weiß, man mit aller Ruhe sagen könne, dass man dazu nicht genug Hintergrundwissen habe und man einen Vorgesetzten fragen müsse. Die Patienten reagieren immer sehr wohlwollend darauf uns sind froh, dass man nicht einfach irgendwas praktiziert, was man nicht voll und ganz verstanden hat.
Nachdem der Rettungswagen abgefahren war, ging ich zurück zum DM und an der Kasse sagte die Kassiererin, die den ganzen Vorfall beobachtet hatte: "Was war das denn für eine Lusche eben "Ich bin Arzt...blablabla..."" - Es war komisch. Irgendwie hatte jeder mitbekommen, dass der Mann gerade nicht viel von dem verstand was er tat und ich frage mich, ob es für ihn nicht besser gelaufen wäre, hätte er das einfach zugegeben statt zu versuchen was zu tun, was er nicht beherrscht. Oder muss man Patienten gegenüber immer ausstrahlen, dass man ein allwissender Gott in Weiß ist?
Ich persönlich glaube ja, dass man mit Ehrlichkeit immer besser fährt und dass auch Verständnis dafür aufgebracht werden kann, dass man nicht in allem ein Experte sein kann. Wenn der Typ Radiologe wäre völlig klar, dass er von Blutzuckermessgeräten nichts versteht.
Ich fühlte mich in der Situation nur halb nicht gut genug. Ich konnte den Zucker messen und den Puls fühlen, aber nicht mal mir mit dem Hintergrundwissen über die Patientin war klar, was hier wohl passiert ist. Intuitiv denke ich, mit ihrer Medikation ist irgendwas schief gelaufen oder auch das war eine psychosomatische Kiste.
Ich muss sie eh eigentlich wieder aufsuchen um ein neues Dossier über sie zu verfassen, was ich wahrscheinlich so in zwei Wochen machen werde. Dann ergibt sich die Gelegenheit auch nach diesem Vorfall zu fragen. Möglicherweise fand sie ja auch mein Verhalten falsch, nämlich, dass ich dem Notarzt etwas gesagt habe, was sie nicht wahrhaben will, dass sie gar keinen Parkinson hat, sondern eine somatoforme Störung.
Menü des Tages am 17. April
Brokkoli und Tomaten
Glutenfreie Haferflocken mit Traubenkernmehl, Sunwarrior, Banane, Leinsamen, Paranuss, Kokosflocken und Anananas
1 alkoholfreies Erdinger
Gemüsepfanne aus Reis, Linsen, Brokkoli, Knoblauch, Ingwer, Sojasauce, Gemüsebrühe, Pfeffer
Tomaten
Scheibe veganer US-Käse
1 Miniromana
Gemüsepfanne aus Rote Beete, Fenchel, Knoblauch, Kapern, Linsen, Rest Reispfanne, Cashewmayo, Chilisauce und Tamarindenpaste
Vollkornbrot mit Hofgemüse Streich
Ich war von Samstag auf Sonntag bei meinem Vater um die Katze wieder abzuholen, was reibungslos geklappt hat. Samstagabend und Sonntag habe ich gekocht. Samstag ein Gericht aus Gabel statt Skalpell, was ich meistens mache, wenn ich bei ihm bin, weil ich ihm das Buch mal zu Weihnachten geschenkt habe und es unglaublich umfangreich ist und immer was zu bieten hat. Die Gemüsepfanne am Sonntag war eine Resteverwertung.
Ihm hat beides sehr gut geschmeckt und er hat sich nicht mal die Mühe gemacht sich ein Stück Fleisch dazu zu legen. Allerdings hat der Kater offensichtlich in den letzten 7 Wochen gelernt, dass auch Menschennahrung für ihn interessant sein könnte. Dass ich nur Sachen esse, die er eh nicht mag, weiß er, aber auf den Teller meines Vater musste er gestern Mittag genau schauen, ob da wirklich kein Fleisch drauf ist von dem er was ab haben könnte. Er war auch ganz erpicht darauf an meiner Cashewmilch zu riechen, als ich das Tetrapack geöffnet habe, was mit gezeigt hat, dass er offensichtlich auch Milch bekommen hat, in der Zeit, in der ich nicht da war...Jaja, so kommt dann alles ans Licht...;-)
Alles Liebe,
Silke
Seit 25 Jahren beschäftige ich mich mit Ernährung, seit 2009 blogge ich darüber und seit 2011 studiere ich Medizin.
Ich ernähre mich fettarm, vollwertig und pflanzlich.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Bei Ärzten bin ich auch immer froh, wenn sie einfach zugeben, dass sie auf diesem Gebiet keine Ahnung haben. Hilfreich wäre es dann aber noch, wenn sie jemanden kennen, bei dem man dann Hilfe bekommt... mein Hausarzt sagt dann einfach gar nichts zu meinen Problem und lässt mich damit stehen. Das finde ich echt schade, weil ich doch gerne die Ursachen meiner Schmerzen kennen würde...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Ich hab beides schon erlebt. Sowohl den Wichtigtuer, der sich erst großmächtig mit "ich bin Arzt" gebrüstet hat und dann nicht helfen konnte, weil er Zahnarzt oder Augenarzt war als auch den Hausarzt, der zugab, sich zu spezifischen Fragen erst mal genauer einlesen zu müssen. Letzteres fand ich persönlich gut, es gab dazu in meinem Bekanntenkreis jedoch einen großen Aufschrei als ich das erzählt hab, denn einige fanden es geradezu skandalös, dass der womöglich nicht allwissend ist und sich lieber noch mal rückversichern will, bevor er einen Rat ausspricht. Will sagen so’n Doc hats auch nicht immer leicht, ein großer Teil der Bevölkerung sieht wohl tatsächlich die Götter in weiß in denen und so benehmen sie sich dann leider auch manchmal.
AntwortenLöschen