Ich hab euch versprochen, dass ich euch die Geschichte von der Reversersibilität oder nicht-Reversibilität der Arteriosklerose heute erzähle und mal wieder bin ich schwer erstaunt über die Weit- und Einsichtigkeit von Wissenschaftlern!
Wenn man sich in der alternativen Gesundheitsszene rum treibt, hört man sehr schnell, dass Ärzte rechthaberische Nichts-Wisser und Nachbeter von Lehrmeinungen sind, dass sie von der Pharmaindustrie geschmiert und beeinflusst werden und zu dumm sind das zu erkennen und dass sie vor allem ausschließlich auf ihr eigenes Portemonnaie schauen. - Ängste davor, dass das wirklich so ist, verfolgen mich bis heute, dabei habe ich nie irgendetwas dergleichen erlebt.
Als ich mein wissenschaftliches Projekt über Diabetes schreiben wollte, war der betreuende Dozent ein Pharmakologe! - Und ich komme mit meinem Plan daher ein wissenschaftliches Projekt über Heilung von Typ-II-Diabetes ausschließlich mit Ernährung zu schreiben. In meiner Phantasie sah ich mich im Büro des Pharmakologen, nachdem er mein Projekt gelesen hat winzig klein mit Hut gemacht zu werden, dass ich herablassenden Blödsinn erzähle, was ich denn glauben würde den Gold Standard in der Diabetesernährung anzugreifen und dass ich mich schleunigst aus dem Staub machen solle. Setzen 6! - Dem war natürlich nicht so. Der Pharmakologe fand das alles sehr interessant, etwas extrem allerdings, so eine rein pflanzliche Ernährung, aber er gab mir eine 2. - Kölner Pharmakologie forscht unter anderem wie man mit Spirulina Allergien bekämpft und was für förderliche Stoffe in Kakao sind. Natürlich um sie zu extrahieren und in Pillen zu packen.
Am Dienstag ging es in der Pathologievorlesung um das Thema Arteriosklerose. Mittlerweile mein absolutes Lieblingsthema, weil mir nach allen Erfahrungen mit Diabetes, sowohl theoretisch als auch praktisch, im Pflegepraktikum auf der Diabetesstation, völlig klar ist, dass sich Typ-II-Diabetes mit fettarmer, pflanzlicher Ernährung entweder heilen oder die Medikamente weitgehend reduzieren lassen. An Diabetes stirbt per se aber keiner. An Herz-Kreislauf-Erkrankungen aber sehr wohl, fast die Hälfte der Bevölkerung und da ist lange noch nicht klar, ob sich das so leicht heilen lässt. Auf jeden Fall dauert es länger.
Naja, also es ging um Arteriosklerose und ich sah mich zunächst völlig bestätigt. Ich habe für euch extra die Folien des Dozenten fotografiert weil ich sie sehr anschaulich fand.
Mich hat das nicht los gelassen und ich habe ihm eine Mail geschrieben und ihn gefragt, warum denn bis heute, auch von ihm noch gelehrt wird, dass Arteriosklerose irreversibel sei, wenn doch vor 25 Jahren bereits in der Lancet Ornishs Studie (http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PII0140-6736%2890%2991656-U/abstract) über die Reversion von Arteriosklerose mit fettarmer vegetarischer Ernährung, Rauchverbot und Entspannungsübungen veröffentlicht worden war.
Ich weiß in solchen Fällen, Gott sei Dank, meine Worte gut zu wählen. Ich hatte Deutsch LK, kenn' mich mit Literatur aus und weiß dass Vorwürfe nichts bringen. Nie würde ich hingehen und ihm vorwerfen, dass er was Falsches lehrt oder dass er Unrecht hat und Ornish Recht. Ich bin auch per se ein ultra-skeptischer Mensch und ich zweifele immer als erstes an mir selbst. Vor allem verglichen mit Ärzten, die seit 30 Jahren im Beruf sind. - Ich meine, wie irre ist es, dass 5 amerikanische und 3 deutsche Ärzte sagen, dass sei reversibel, aber niemand der irgendwo lehrt oder Lehrbücher schreibt, stimmt dem zu? Die Wahrscheinlichkeit ist da doch größer, dass die Minderheit im Unrecht ist, oder? Vielleicht bin ich ja viel zu unerfahren um Ornishs Studie richtig zu interpretieren etc.!?
Der Prof. schrieb prompt zurück und zwar folgendes:
„Liebe Frau Rosenbusch,
besten Dank für die excellente Frage - auf die es zwar keine
einfache
aber mehrere interessante Antworten gibt. Ich werde morgen darauf in
der Vorlesung eingehen.“
Das hat er dann gemacht und zwar 20 Minuten lang. Leider waren nicht sonderlich viele Studenten anwesend.
Es stellte sich heraus, dass ihm die Studie von Ornish neu war und er noch nie davon gehört hatte, was schlicht und ergreifend daran liegt, dass kein Arzt alle Studien die in den letzten 25 Jahren in allen hochkarätigen Journalen erschienen sind im Kopf haben kann. Er hat sich auf die Suche gemacht nach weiteren Studien, die ähnliches feststellen, und keine gefunden. Hat sich mit dem Französischen Paradox auseinander gesetzt, dass die Franzosen 50% weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, weil sie – so die Theorie – Rotwein trinken, der viele Falvonoide enthält. Was Flavonoide sind war ihm auch neu und er hat sie dann wiederum auch gegoogelt und gelernt, dass das sekundäre Pflanzenstoffe die in Obst und Gemüse vorkommen sind. Und er hat explizit darauf hingewiesen, dass Arteriosklerose und Atherosklerose nicht das gleiche ist.
Die meisten Kliniker verwenden die Begriffe regelrecht alternierend. Ich meistens auch. Er, als Pathologe, aber nicht, weil er genau das beruflich beurteilen muss. Gewebsveränderungen. Arteriosklerose ist bedingt durch jahrelangen Bluthochdruck und zu hohen Kalziumgehalt im Blut, der daher rühren kann, dass zu viel Kalzium verzehrt wird oder zu viel aus den Knochen gelöst wird. (Krass, in Bezug auf Milchprodukte!!!) - Atherosklerose sind die Fettplaques, die durch Cholesterin und Triglyceride entstehen, die auch irgendwann verkalken und andere Stoffe ansammeln. - Irgendwie ist der Unterschied dann aber auch nicht so relevant, weil die meisten Patienten beides haben. (Ist klar, Milchprodukte enthalten ja auch Fett, Cholesterin und Kalzium ;-))) - Naja, und den Prozess der Arteriosklerose hält er tatsächlich auch nicht für reversibel, warum habe ich leider nicht verstanden. Irgendwas auf zellulärer Ebene. Aber dass diese Fett-Atherome, die Plaques schrumpfen können, dass hält er durchaus für möglich, wenn er auch nicht glaubt, dass sie sich komplett zurück bilden sondern eben nur schrumpfen. Meine Erklärung dafür ist, dass bei Ornishs Ernährung massiv das Fett und Cholesterin eingespart wird UND viele Flavonoide in Form von Obst und Gemüse verzehrt werden.
Irgendwie tat mir der Prof. dann aber leid, weil er keine andere Studie gefunden hat, die ähnliches zeigt und er machte den Eindruck, als wolle er mehr darüber wissen. Also habe ich ihm wieder eine E-Mail geschickt mit einem Link zu Esselstyns Studie, die 10 Jahre später im Amercan Journal of Cardiology erschien. http://www.ajconline.org/article/S0002-9149%2899%2900290-8/abstract
Oder in voller Länge auf Dr. Esselstyns Website:
http://www.dresselstyn.com/reversal01.htm
Seine Antwort:
„Vielen Dank für Ihre Antwort. Vielleicht können Sie am Montag, am Ende der
Vorlesungsreihe, sich doch noch einmal bei mir zu "erkennen" geben -
ich würde mich freuen Sie kurz kennenzulernen. Sollten Sie mal eine
Empfehlung brauchen, werde ich Ihnen hierbei gerne helfen.
Ansonsten alles Gute für Ihren weiteren Weg und bleiben Sie
engagiert!!“
Ich hab immer noch ein bisschen Angst, dass er mich am Montag wegen Ketzerei anzeigt und auf den Scheiterhaufen bringt, wegen all der fiesen Gerüchte der alternativen Gesundheitsszene.;-) - Dabei habe ich jetzt echt oft erfahren, dass es, zumindest an den Universiäten, vor allem darum geht Wissen zu sammeln und die Wahrheit zu erkennen.
Und ich frage mich auch, warum das sonst keiner macht. Warum bin ich scheinbar die erste Studentin in 25 Jahren, die einen Dozenten darauf anspricht. Ich weiß von vielen veganen Ärzten und es lesen auch viele Medizinstudenten hier mit! - Irgendwer muss doch die Profs. auf neue Erkenntnisse bringen! In Anbetracht dessen, dass nur so weniger Studenten in die Vorlesungen gehen, muss man offensichtlich aber auch die Autoren von Lehrbücher anschreiben. Und natürlich muss man sich didaktisch klug verhalten und sehr, sehr wissenschaftlich. Es hilft gravierend, dass sowohl Ornish als auch Esselstyn ihre Studien in hochrenomierten Journalen veröffentlichen konnten. Und es hilft, wenn man das Wort „vegan“ komplett ausspart. Ich habe das so geschildert, dass Ornishs Ernährung eine pflanzliche Ernährung mit unter 10% Fett ist. Denn das war dem Prof nicht klar. Er las Ornishs Studie so, dass es quasi eine vegetarische FDH-Ernährung war. 10% Fett ist aber gravierend anderes.
Also so viel dazu. Ich habe durchaus vor weiter so engagiert zu bleiben. Mal schauen ob ich dem Endokrinologen mit der Milchprodukteempfehlung auch noch anschreiben soll mit der Studie aus Upsalla!
Menü des Tages am 8. Mai
Paprika und Brokkoli
Haferflocken, Banane, Brombeere, Mandeln, Leinsamen, Paranuss, Seidentofu, Zimt
2 Bananen
Mensasalat mit Topinambur und Kichererbsen
1 Apfel
3 Frühkarotten
koffeinfreier Kaffee
1 Apfel
Salat aus allen Resten des Tages mit Dressing aus ¼ Avocado
Ich stelle, wenn ich nicht Challenge esse, ganz klar mehr Gelüste fest. Ich gehe durch den Supermarkt und mir erscheint der Gedanke reizvoll irgendeinen zuckrigen Mist zu essen, der mich während der Challenge überhaupt nicht angesprochen hat. Ich tu's aber nicht, sondern ertrage die Gelüste und überlege ob ich wirklich dauerhaft Challenge leben muss um das nicht zu haben und wie ich dann in der Gesellschaft klar komme. Aber noch entscheide ich das nicht, weil ich ja noch so viele Reste im Keller habe von nicht-challengetauglicher Nahrung.
Alles Liebe,
Silke
Hutab Silke dass du dich so engagierst. Mich würde ja interessieren wie du dein Email so toll formuliert hast dass sich der Prof. nicht angegriffen gefühlt hat. Ich glaub das könnte ich nicht.
AntwortenLöschenUnd ich glaube dass viele sich nicht trauen etwas zu sagen weil man sich als Student eben unsicher fühlt. Wir sind so obrigkeitshörig dass wir glauben der Typ da vorne hat mehr Ahnung als wir.
Ganz toll find ich es wie der Prof. reagiert hat! Bin schon gespannt wie es heute für dich läuft! lg
Folgendes habe ich geschrieben:
AntwortenLöschen"Sehr geehrter Prof. Dr. (Name zwecks Anonymität gelöscht),
mit großem Interesse habe ich Ihre Arteriosklerose-Vorlesung
verfolgt und fand sie sehr informativ und anregend.
Ich möchte Sie hiermit bitten, mir Ihre Aussage näher zu erläutern,
warum bis heute, auch von Ihnen, gelehrt wird, dass Arteriosklerose
irreversibel ist, wenn doch bereits Ende der achziger Jahre eine
Studie in der "Lancet" veröffentlicht wurde, dass mit den richtigen,
den Alltag und die Ernährung verändernden Maßnahmen, die Stenosenregläufig wurden.
Denken Sie, die Untersuchungsgruppe war zu klein, oder warum hat sich an der Lehrmeinung seither nichts geändert?
Hier ein Link zum Artikel in der Lancet:
http://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PII0140-6736%2890%2991656-U/abstract
Über eine kurze Rückantwort würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Silke Rosenbusch"