Tag 915: Das war gestern keine Begrüßung durch die Fachschaft, das war wie Karneval!!! Furchtbar!
Nach langem Suchen hatte ich endlich das Gebäude gefunden, wo die Begrüßung stattfinden sollte und relativ pünktlich ging es dann auch los. Zunächst mal mit einer Verarsche für Erstsemester. Es wurde behauptet, dass aufgrund der Umbauarbeiten, ein Teil der Studenten in Gebäude weit, weit weg am Stadtrand ausgegliedert werden müsse und jetzt sofort ein Test geschrieben werden würde und je nachdem wie man dabei abschneidet, man entweder ausgelagert werden würde oder auf dem Campus studieren darf. Der Test bestand aus Fragen, die natürlich niemand beantworten konnte und alle 19. –jährigen gerieten in Panik. Ich nicht. Mir war völlig klar, dass das eine Verarsche war, denn niemand, niemand konnte diese Fragen beantworten können.
Ein Schauspieler war engagiert, der so tun sollte, als würde er jetzt alles hinschmeißen und rausrennen und nach 8 Fragen etwa wurde geoutet, dass es eine Verarsche war. Und obwohl zumindest mir die ganze Zeit klar war, dass das Blödsinn ist und ich mich für die Fachschaft fremdgeschämt habe, dass sie sich für so gewitzt halten, sind die 19-jährigen alle darauf reingefallen.
Da ist definitiv ein Unterschied. Klar, ein halbes Leben Unterschied fast. So weit ich das überblicken konnte, war ich die Älteste. Nicht gerade angenehm und es ist mir auch noch nie so ergangen. Irgendwann ist immer das erste Mal. Naja, und nachdem dann alles geoutet war und es ca. 11 Uhr war, gab es Kölsch. Und das gab‘s dann den ganzen Tag weiter, während der Campus erkundet wurde und Spiele gespielt wurden. Zum Beispiel Schaumkopfwettessen mit anschließendem Schnaps runter kippen ohne Hände und eine Kleiderkette legen aus so vielen Klamotten wie möglich, die man am Leib hat. – Kinderkram….der auch nur mit Alkohol zu ertragen ist, wie beim Karneval.
Bier im Hörsaal |
Das Beste war die Mensa, denn nicht nur hat die Medizinermensa, den besten Ruf überhaupt, man hatte auch von der Hauptmensa die veganen Tage übernommen. Ein Plakat machte direkt am Eingang darauf aufmerksam: „Vegan – jetzt auch hier. 2. Mal in der Woche“ Ich hatte Glück, dass genau gestern so ein veganer Tag war, dass sonst niemand veganes Essen wollte und keine lange Schlange war und dass zudem das vvegane Gericht noch das günstigste war. 2,60 € für eine komplette Mahlzeit aus Chili senza Carne, Brot, Salat, Obstsalat und eine Banane. Möglicherweise nicht so Nährstoffreich wie Brokkoli, aber ziemlich ausgewogen, wie ich fand. Ich saß dann am Tisch mit einem der Fachschaftler, der erzählte durch welche Klausuren er alle gefallen sei, der das Bayrische Gericht bestellt hatte, Knödel mit Sauerkraut und Fleisch, der mir erzählte, er würde niemals einem Patienten sagen, dass er sein Ernährungs- , Rauch- oder Trinkverhalten ändern müsse. Das sei doch seine Sache…*kein Kommentar*
Das Essen war wirklich ausgesprochen lecker, das Einzige was mich gestört hat, war das Weißbrot, aber ich nehme schwer an, dass man da in Zukunft auch drauf verzichten kann. Leider wusste das Mensapersonal aber nicht an welchen Tagen denn die veganen Tage sind und daher bin ich jetzt immer noch ein bisschen aufgeschmissen.
Ich hatte ja ursprünglich gedacht, dass diese Fachschaftsbegrüßung vielleicht 3 Stunden dauert, aber sie ging den ganzen Tag. Ich musste aber von 16 bis 18 Uhr arbeiten, also habe ich mich zwischendurch, halb betrunken, mal abgesetzt und bin arbeiten gegangen und um 18 Uhr dann wieder in eine Kneipe, wo dann auch noch ein Quiz stattfand, wo man noch mehr Alkohol gewinnen konnte. Also irgendwie... *kopfschüttel* ...weiß ich auch alle nicht was ich davon halten sollte.
Gerüchten zufolge, war noch eine Erstsemersterin da, die 30 war, also bin ich definitiv die Älteste. Ein paar Leute, die mit den Wartesemestern, hatten mich auf ihr Alter geschätzt und mit denen kam ich dann auch sehr leicht ins Gespräch. Und die konnten auch noch über andere Dinge reden als darüber, welche LKs sie hatten. Auf der anderen Seite bewundere ich es schon sehr wenn man mit 19 in der Lage ist ein Abi von 1,1 zu schaffen. Abgesehen von den Wartesemester-Leuten ist niemand mit einem Abi schlechter als 1,4 rein gekommen und bei einem Bier und einer Zigarette draußen, ist mir dann aufgefallen, wie privilegiert ich hier gerade bin.
Da war jemand, der war bereits im 5. Semester und hatte gerade an die Kölner Uni gewechselt und zwar aus Ungarn, wo er vorher studiert hat, es selbst finanziert hat, ohne Bafög und Schnickschnack, nur damit er auch mit einem schlechteren Abi Medizin studieren konnte. Die Wartesemesterleute hatten 6 Jahre gewartet um diesen Studienplatz zu bekommen. Und ich stehe hier mit meinem fast nachgeworfenen Abi von 1,2 und meinem Spaßstudium Medizin, was in erster Linie darauf abzielt Bafög berechtigt zu sein.
Ich war bis 11 Uhr abends in der Kneipe, denn wenn ich erst mal angefangen habe, fällt es mir immer schwer aufzuhören, aber das schlimme ist: Die Kneipentour ist eigentlich erst für heute geplant. Kneipentour und Pizza essen…
A propos Pizza: Man musste ja nicht nur zu Mittag essen, was in der Mensa passiert ist, sondern auch noch zu Abend. Da der ganze Tag mich übelst überrascht hat und man draußen keinen Brokkoli bekommt, bin ich auf persische Küche ausgewichen und habe eine Salattasche bestellt, während die lieben Kommilitonen Burger und Pizza bestellt haben.
Ah, und heute die Kneipentour mache ich nicht mit. Ich gehe mit in die Pizzeria, aber dann gleich nach Hause. Dafür ist mir meine Zeit zu schade, vor allem, weil ich ja niemandem dort gefallen will oder dazugehören. Nach gestern ist mir völlig klar, dass ich nur zum studieren da bin und nicht für eine möglichst alkoholische Freizeitgestaltung mit 20-jährigen.
Die Rolle habe ich gestern abgesagt. Leider. Es wird am Montag Anwesenheit erwartet und um die Rolle abzusagen, war ich in der Medizinbibliothek, da die Internetzugang haben, nachdem ich mir dort einen Bibliotheksausweis habe ausstellen lassen.
Ach so und zur Max-Planck-Studie: Ich habe den Fachschaftler mit dem Bayern Essen gefragt, wo ich Studien finden kann und er konnte mir auch nur sagen: „Auf der Homepage“ und so kamen wir dann überhaupt auf das Thema, da er wohl das Gefühl hatte sich rechtfertigen zu müssen, für seine Nahrungsauswahl…Oh je, wo bin ich da reingeraten!
Was gab’s zu essen?:
2 Pina Colada Bällchen
3 Grüntee Greensmoothie aus Romana, Banane, Spirulina und Götterspeise
Kölsch, Schaumkuss mit Schnaps und mehr Kölsch
13 Uhr: Chili Senza Carne mit Salat, Weißbrot und Obstsalat
Kölsch
19 Uhr: Salattasche mit Schafskäse und Tzatziki Kölsch
23 Uhr: 750 g Brokkoli mit Knoblauch, Salz und Pfeffer
1 Banane
So was mache ich also nie wieder. Ich denke zurück, als die Abizeit los ging, wo ich zwar nicht die Älteste war aber auch eigentlich kein großes Interesse daran hatte mit den anderen Freundschaft zu schließen. Erstaunlicherweise haben sich die Freundschaften dann ergeben, obwohl ich das gar nicht wollte. Gestern war das irgendwie anders. Ich fühlte mich wie der Außenseiter, einfach nur wegen meines Alters und habe so eine Art Gefallsucht entwickelt, was bei Licht betrachtet, aber totaler Blödsinn ist, denn ich will ja nur lernen, sonst nichts. Saufen können die ja auch ohne mich. Mein Leben außerhalb des Studiums, lebe ich so weiter wie bisher und auf Alkohol wird heute verzichtet.
Alles Liebe,
Silke
sehr, sehr erstaunlich das ganze. wenn du das nicht geschrieben hättest, könnte ich mir das gar nicht vorstellen. der beginn eines studiums könnte ja auch was würdevolles sein ....
AntwortenLöschenaber bei den jungen schlägt der gruppenzwang sicher noch voll zu.
alles liebe, konzentrier dich auf das wesentliche. sabine
Würdevoll! Das ist das Stichwort...
AntwortenLöschenDer formelle Teil ist, glaube ich, am Montag, wenn nicht die Fachschaft begrüßt, sondern die Fakultät. Hoffe, das wird besser...
LG Silke
Oh Mann...das ist ja heftig.
AntwortenLöschenDa fragt man sich ja zwangsläufig, was das mit Medizin und Studium zu tun hat.
Ich hoffe für dich, es wird am Montag dann würdevoller!
Und vielleicht bringst du ja noch den ein oder anderen auf den Geschmack!
Lieben Gruß
Silke